Der vollständige psychopathologische Befund

Ein umfassender Leitfaden

Der psychopathologische Befund ist eine umfassende Untersuchung des psychischen Zustands eines Patienten und bildet die Grundlage für die Diagnose, Therapieplanung und Verlaufskontrolle. Er gliedert sich in verschiedene Kategorien, die systematisch erfasst werden, um ein vollständiges Bild des mentalen Zustands zu erhalten. Dieser Leitfaden führt dich durch alle relevanten Punkte des psychopathologischen Befunds und bietet für jeden Bereich Fragen, mögliche Antworten, was untersucht wird, Normalbefunde sowie Abweichungen.

1. Aktuelle Beschwerden

Was wird untersucht?
Die aktuellen Beschwerden beschreiben die Symptome, unter denen der Patient derzeit leidet. Ziel ist es, ein detailliertes Bild der aktuellen Problematik zu erhalten.

Mögliche Fragen:

„Welche Beschwerden haben Sie momentan?“
„Wie würden Sie Ihre Symptome beschreiben?“
„Welche Symptome stören Sie am meisten?“
„Gibt es bestimmte Tageszeiten, an denen es schlimmer ist?“
„Verstärken sich die Symptome in bestimmten Situationen?“

Normalbefund:

Der Patient beschreibt keine akuten psychischen oder körperlichen Beschwerden.

Abweichungen:

  • Der Patient klagt über anhaltende Ängste, depressive Verstimmungen, Schlafstörungen, Appetitverlust oder Halluzinationen.
  • Symptome wie Unruhe, ständige Anspannung oder Konzentrationsschwierigkeiten sind häufig.
  • Patienten berichten oft von Panikattacken, Stimmungsschwankungen oder aggressivem Verhalten.
  • Manche Patienten fühlen sich chronisch erschöpft oder niedergeschlagen.

2. Seit wann? Wie oft?

Was wird untersucht?
Dieser Punkt zielt darauf ab, die Dauer und Häufigkeit der Beschwerden zu erfassen. Damit lassen sich akute von chronischen Problemen unterscheiden.

Mögliche Fragen:
„Seit wann haben Sie diese Beschwerden?“
„Treten die Symptome regelmäßig auf?“
„Wie oft pro Woche oder Monat erleben Sie die Symptome?“
„Gab es eine Zeit, in der die Beschwerden weniger waren?“
„Hat sich die Häufigkeit in letzter Zeit verändert?“
Normalbefund:
Der Patient hat keine anhaltenden oder wiederkehrenden Beschwerden.
Abweichungen:
Beschwerden bestehen seit Wochen, Monaten oder sogar Jahren.
Symptome treten täglich, wöchentlich oder in Stresssituationen auf.
Der Patient berichtet von episodischen Verschlechterungen, z. B. bei depressiven Schüben oder Panikattacken.

3. Auslöser

Was wird untersucht?
Die Erfassung von Auslösern hilft zu verstehen, ob bestimmte Faktoren die Beschwerden hervorrufen oder verschlimmern.

Mögliche Fragen:
„Gab es einen konkreten Auslöser für Ihre Beschwerden?“
„Wann haben die Symptome begonnen? Gab es ein belastendes Ereignis?“
„Fühlen Sie sich in bestimmten Situationen besonders schlecht?“
„Beeinflussen bestimmte Menschen oder Orte Ihre Stimmung?“
„Hat sich in Ihrem Leben etwas verändert, bevor die Beschwerden auftraten?“
Normalbefund:
Der Patient kann keine spezifischen Auslöser benennen.
Abweichungen:
Traumatische Erlebnisse, Konflikte am Arbeitsplatz oder in der Familie.
Belastende Lebensereignisse wie der Verlust eines geliebten Menschen oder finanzielle Sorgen.
Umweltfaktoren, wie z. B. Lärm oder Isolation, werden als Auslöser genannt.
Bestimmte soziale Situationen, wie z. B. Menschenmengen, lösen Angstzustände aus.

4. Wie reagiert das Umfeld?

Was wird untersucht?
Hier wird untersucht, wie das soziale Umfeld des Patienten auf seine Beschwerden reagiert. Dies kann Hinweise darauf geben, ob der Patient Unterstützung erhält oder sich isoliert fühlt.

Mögliche Fragen:
„Wie reagieren Ihre Freunde und Familie auf Ihre Beschwerden?“
„Fühlen Sie sich unterstützt?“
„Gibt es jemanden, der Ihnen hilft, wenn es Ihnen schlecht geht?“
„Gibt es Menschen, die Ihre Beschwerden nicht ernst nehmen?“
„Hat sich Ihr Verhältnis zu anderen Menschen durch Ihre Beschwerden verändert?“
Normalbefund:
Der Patient berichtet, dass er Unterstützung von Familie oder Freunden erhält.
Abweichungen:
Der Patient fühlt sich isoliert oder unverstanden.
Das Umfeld reagiert mit Ablehnung oder Ignoranz auf die Beschwerden.
Beziehungen haben sich verschlechtert, weil der Patient als belastend empfunden wird.
Der Patient berichtet von übermäßiger Fürsorge oder Kontrolle durch Angehörige.

5. Rezidiv? Gegenteil? Frühere psychische Erkrankungen

Was wird untersucht?
Hier geht es darum, herauszufinden, ob der Patient bereits früher psychische Erkrankungen hatte oder ob die aktuelle Symptomatik zum ersten Mal auftritt.

Mögliche Fragen:
„Hatten Sie früher schon einmal ähnliche Beschwerden?“
„Gab es Phasen, in denen Sie komplett symptomfrei waren?“
„Sind die Beschwerden wiedergekehrt?“
„Hatten Sie jemals psychologische oder psychiatrische Hilfe in Anspruch genommen?“
„Sind Sie schon einmal wegen psychischer Probleme behandelt worden?“
Normalbefund:
Der Patient hatte bisher keine psychischen Erkrankungen.
Abweichungen:
Der Patient berichtet von früheren depressiven Episoden, Angststörungen oder anderen psychischen Erkrankungen.
Beschwerden kehren nach symptomfreien Phasen immer wieder zurück.
Es gab frühere Behandlungen mit Medikamenten oder Psychotherapie.
Der Patient war schon einmal in einer stationären Einrichtung oder unter Zwangsbehandlung.

6. Familienanamnese

Was wird untersucht?
Dieser Punkt untersucht die familiäre Vorbelastung und mögliche genetische Dispositionen für psychische Erkrankungen.

Mögliche Fragen:
„Gab es in Ihrer Familie ähnliche psychische Erkrankungen?“
„Haben enge Verwandte an Depressionen oder Angststörungen gelitten?“
„Gibt es Fälle von Sucht oder Abhängigkeit in Ihrer Familie?“
„Leidet jemand in Ihrer Familie an schweren psychischen Störungen wie Schizophrenie?“
„Gibt es familiäre Tendenzen zu aggressivem Verhalten oder Impulskontrollstörungen?“
Normalbefund:
Der Patient berichtet keine familiäre Vorbelastung mit psychischen Erkrankungen.
Abweichungen:
Verwandte ersten Grades (Eltern, Geschwister) leiden unter Depressionen, Schizophrenie oder bipolaren Störungen.
Es gibt familiäre Tendenzen zu Suchterkrankungen (Alkohol, Drogen).
Aggressionsprobleme oder Impulskontrollstörungen treten in der Familie häufiger auf.
Mehrere Familienmitglieder haben psychische Erkrankungen durchlebt.

7. Sozialanamnese

Was wird untersucht?
Die Sozialanamnese erfasst die soziale Situation des Patienten, wie Freundeskreis, berufliche Einbindung und Arbeitslosigkeit. Dies gibt wichtige Hinweise auf den sozialen Rückhalt und den Stress, den der Patient möglicherweise erlebt.

Mögliche Fragen:
„Haben Sie einen stabilen Freundeskreis?“
„Sind Sie berufstätig? Wenn ja, wie ist Ihre berufliche Situation?“
„Sind Sie aktuell krankgeschrieben oder arbeitslos?“
„Fühlen Sie sich sozial integriert, oder sind Sie eher isoliert?“
„Gibt es Konflikte in Ihrem sozialen Umfeld?“
Normalbefund:
Der Patient ist sozial gut eingebunden und hat ein stabiles Netzwerk von Freunden und Kollegen.
Abweichungen:
Der Patient berichtet von sozialer Isolation oder einem kleinen, unstabilen Freundeskreis.
Es gibt Probleme am Arbeitsplatz (Konflikte mit Kollegen oder Vorgesetzten).
Arbeitslosigkeit oder lange Krankheitszeiten verursachen zusätzlichen Stress.
Der Patient fühlt sich sozial ausgegrenzt oder gemobbt.

8. Biografische Anamnese

Was wird untersucht?
Die Biografie des Patienten hilft, prägende Lebensereignisse, den Erziehungsstil und die häusliche Atmosphäre zu verstehen, die möglicherweise zur aktuellen Problematik beigetragen haben.

Mögliche Fragen:
„Wie würden Sie Ihre Kindheit und Jugend beschreiben?“
„Wie war Ihr Verhältnis zu Ihren Eltern?“
„Gab es traumatische Erlebnisse in Ihrer Kindheit?“
„Wie würden Sie Ihre Persönlichkeit beschreiben?“
„Welche prägenden Ereignisse haben Ihr Leben beeinflusst?“
Normalbefund:
Der Patient berichtet von einer stabilen und gesunden Kindheit ohne wesentliche traumatische Erlebnisse.
Abweichungen:
Der Patient berichtet von belastenden Erziehungsmethoden (z. B. autoritäre oder emotional distanzierte Eltern).
Traumatische Erlebnisse in der Kindheit (z. B. Missbrauch, Verlust eines Elternteils).
Schwierigkeiten in der Bindung zu Eltern oder Geschwistern.
Prägende negative Ereignisse wie Scheidungen, Unfälle oder Todesfälle.

9. Somatische Anamnese

Was wird untersucht?
Die somatische Anamnese erfasst körperliche Beschwerden und ärztliche Befunde, die mit der psychischen Symptomatik in Zusammenhang stehen könnten.

Mögliche Fragen:
„Haben Sie aktuell körperliche Beschwerden?“
„Nehmen Sie regelmäßig Medikamente ein?“
„Wie würden Sie Ihr Schlafverhalten beschreiben?“
„Haben Sie in letzter Zeit unerklärliche Gewichtsveränderungen bemerkt?“
„Haben Sie eine ärztliche Diagnose zu körperlichen Erkrankungen?“
Normalbefund:
Der Patient hat keine relevanten körperlichen Beschwerden oder Erkrankungen.
Abweichungen:
Chronische Schmerzen oder Schlafstörungen.
Unerklärlicher Gewichtsverlust oder -zunahme.
Vorhandensein einer ärztlichen Diagnose (z. B. Schilddrüsenprobleme, neurologische Erkrankungen).
Appetitverlust oder gesteigerter Appetit.
Libidoverlust oder gesteigerte Libido.

10. Stoffgebundene Süchte

Was wird untersucht?
Stoffgebundene Süchte beziehen sich auf Abhängigkeiten von Substanzen wie Alkohol, Drogen oder Medikamenten. Ziel ist es, den Konsum und mögliche Suchtprobleme zu erfassen.

Mögliche Fragen:
„Trinken Sie Alkohol? Wenn ja, wie oft?“
„Haben Sie jemals Drogen konsumiert?“
„Nehmen Sie Medikamente ein, die abhängig machen könnten?“
„Haben Sie jemals Probleme mit dem Konsum von Substanzen gehabt?“
„Gab es Situationen, in denen Sie die Kontrolle über Ihren Konsum verloren haben?“
Normalbefund:
Der Patient konsumiert keine oder nur gelegentlich Alkohol und keine anderen Substanzen.
Abweichungen:
Der Patient konsumiert regelmäßig Alkohol in riskanten Mengen.
Es liegt ein aktueller oder vergangener Drogenkonsum vor.
Abhängigkeit von Medikamenten wie Beruhigungsmitteln oder Schmerzmitteln.
Kontrollverlust über den Konsum und häufige Rückfälle.

11. Nichtstoffgebundene Süchte

Was wird untersucht?
Nichtstoffgebundene Süchte, wie Spielsucht, Internetsucht oder Kaufsucht, beziehen sich auf zwanghafte Verhaltensweisen, die nicht durch Substanzen ausgelöst werden, aber dennoch gravierende Auswirkungen haben können.

Mögliche Fragen:
„Spielen Sie regelmäßig um Geld? Wenn ja, wie oft?“
„Wie viel Zeit verbringen Sie täglich im Internet oder vor dem Bildschirm?“
„Geben Sie häufig impulsiv Geld aus, ohne es sich leisten zu können?“
„Haben Sie Schwierigkeiten, Ihr Verhalten zu kontrollieren, obwohl es negative Folgen hat?“
„Fühlen Sie sich zwanghaft zu einem bestimmten Verhalten hingezogen?“
Normalbefund:
Der Patient zeigt keine Anzeichen von Verhaltenssüchten oder Zwangsverhalten.
Abweichungen:
Spielsucht, Internetsucht oder Kaufsucht sind erkennbar.
Der Patient gibt an, regelmäßig sein Verhalten nicht kontrollieren zu können.
Zwanghaftes Verhalten, das zu finanziellen oder sozialen Problemen führt.
Verhaltensabhängigkeit trotz negativer Folgen (Schuldgefühle, finanzielle Probleme, Isolation).

12. Störung der Impulskontrolle

Was wird untersucht?
Impulskontrollstörungen beziehen sich auf die Schwierigkeit, spontane Impulse zu unterdrücken, die zu aggressivem, unüberlegtem oder gefährlichem Verhalten führen können.

Mögliche Fragen:
„Handeln Sie manchmal impulsiv und bereuen es später?“
„Wie reagieren Sie auf Provokationen oder Konflikte?“
„Haben Sie schon einmal aggressiv reagiert, obwohl es nicht angebracht war?“
„Haben Sie Schwierigkeiten, in stressigen Situationen ruhig zu bleiben?“
„Waren Sie schon einmal in eine körperliche Auseinandersetzung verwickelt?“
Normalbefund:
Der Patient zeigt keine Auffälligkeiten in der Impulskontrolle und kann in Stresssituationen ruhig bleiben.
Abweichungen:
Der Patient berichtet von unüberlegtem Handeln, das oft zu Konflikten führt.
Aggressives Verhalten bei geringen Provokationen.
Schwierigkeiten, Wut oder Frustration zu kontrollieren.
Impulsives Verhalten, das in körperlichen oder verbalen Auseinandersetzungen endet.
Übermäßiges Risikoverhalten (z. B. schnelles Fahren, impulsive Käufe).

13. Suizidalität/ Notfall

Was wird untersucht?
Die Erfassung der Suizidalität ist extrem wichtig, um das Risiko einer Selbstgefährdung zu beurteilen und entsprechende Maßnahmen einzuleiten.

Mögliche Fragen:
„Haben Sie aktuell Gedanken, sich das Leben zu nehmen?“
„Hatten Sie in der Vergangenheit Suizidgedanken oder -versuche?“
„Gibt es konkrete Pläne, wie Sie sich das Leben nehmen würden?“
„Was hält Sie davon ab, sich etwas anzutun?“
„Fühlen Sie sich so verzweifelt, dass Sie keinen Ausweg mehr sehen?“
Normalbefund:
Der Patient zeigt keine Suizidgedanken oder -absichten.
Abweichungen:
Der Patient berichtet von Suizidgedanken, jedoch ohne konkrete Pläne.
Es bestehen konkrete Suizidpläne, und der Patient hat sich bereits vorbereitet.
Frühere Suizidversuche oder Verletzungen.
Der Patient sieht keinen anderen Ausweg aus seiner Situation.
Suizidhandlungen oder ständige Beschäftigung mit dem Tod.

14. Bewusstseinsstörungen

Was wird untersucht?
Bewusstseinsstörungen beschreiben eine veränderte Wahrnehmung oder Klarheit des Bewusstseins. Dies kann durch organische oder psychische Erkrankungen verursacht werden.

Mögliche Fragen:
„Fühlen Sie sich manchmal benommen oder verwirrt?“
„Haben Sie das Gefühl, dass Ihre Wahrnehmung eingeschränkt ist?“
„Sind Sie manchmal nicht vollständig bei Bewusstsein?“
„Haben Sie Gedächtnislücken oder Schwierigkeiten, sich zu erinnern?“
„Hat Ihnen jemand gesagt, dass Sie zeitweise abwesend wirken?“
Normalbefund:
Der Patient zeigt keine Bewusstseinsstörungen und ist klar und wach.
Abweichungen:
Der Patient berichtet von Benommenheit, Verwirrtheit oder Dämmerzuständen.
Phasenweise Bewusstlosigkeit oder starke Orientierungslosigkeit.
Schwierigkeiten, einfache Anweisungen zu befolgen.
Erinnerungslücken oder Verwirrtheit.
Der Patient wirkt abwesend oder reagiert nicht auf äußere Reize.

15. Orientierungsstörungen

Was wird untersucht?
Orientierungsstörungen betreffen das Bewusstsein über Zeit, Ort, Situation und Person. Der Patient kann sich und seine Umwelt möglicherweise nicht korrekt wahrnehmen.

Mögliche Fragen:
„Wissen Sie, welches Datum heute ist?“
„Wissen Sie, wo Sie sich gerade befinden?“
„Wissen Sie, warum Sie hier sind?“
„Kennen Sie die Personen, mit denen Sie gerade sprechen?“
„Fühlen Sie sich manchmal orientierungslos?“
Normalbefund:
Der Patient ist in Zeit, Ort, Situation und Person voll orientiert.
Abweichungen:
Der Patient ist zeitlich desorientiert (kennt Datum oder Wochentag nicht).
Der Patient kann den Ort nicht richtig benennen.
Der Patient ist sich der Situation oder der Gründe für die Untersuchung nicht bewusst.
Der Patient erkennt vertraute Personen oder Orte nicht mehr.
Situative oder räumliche Desorientierung, z. B. bei Demenz oder Verwirrtheitszuständen.

16. Störungen der Aufmerksamkeit/ Konzentration/ Gedächtnis

Was wird untersucht?
Dieser Punkt erfasst die kognitiven Fähigkeiten des Patienten, sich auf Aufgaben zu konzentrieren und sich an Ereignisse zu erinnern.

Mögliche Fragen:
„Haben Sie Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren?“
„Vergessen Sie manchmal Dinge, die Sie kurz zuvor gemacht haben?“
„Können Sie Gesprächen gut folgen?“
„Haben Sie manchmal das Gefühl, dass Ihr Gedächtnis nicht richtig funktioniert?“
„Sind Sie oft abgelenkt oder unaufmerksam?“
Normalbefund:
Der Patient zeigt normale Konzentrationsfähigkeit und keine Gedächtnisprobleme.
Abweichungen:
Der Patient berichtet von Konzentrationsproblemen, z. B. Schwierigkeiten, Gesprächen zu folgen.
Gedächtnislücken, vor allem bei alltäglichen Ereignissen.
Der Patient hat Schwierigkeiten, sich an wichtige Ereignisse oder Personen zu erinnern.
Verminderte Aufmerksamkeit, häufiges Abschweifen.
Vergesslichkeit und Verwirrung in alltäglichen Situationen.

17. Ängste, Zwänge, Phobien

Was wird untersucht?
Hier geht es darum, ob der Patient unter irrationalen Ängsten, Zwangsgedanken oder Phobien leidet, die sein tägliches Leben beeinträchtigen.

Mögliche Fragen:
„Haben Sie anhaltende Ängste oder Sorgen?“
„Gibt es Situationen, die bei Ihnen Panik auslösen?“
„Müssen Sie bestimmte Handlungen immer wieder ausführen, um sich zu beruhigen?“
„Haben Sie Zwangsgedanken, die sich ständig wiederholen?“
„Haben Sie Angst vor bestimmten Tieren, Orten oder Situationen?“
Normalbefund:
Der Patient zeigt keine auffälligen Ängste, Zwänge oder Phobien.
Abweichungen:
Der Patient leidet unter starken Ängsten, die seinen Alltag beeinträchtigen.
Zwangsgedanken oder -handlungen, die regelmäßig wiederholt werden müssen (z. B. Kontrollzwang).
Panikattacken in bestimmten Situationen, wie Menschenmengen oder geschlossenen Räumen.
Phobien vor bestimmten Tieren (z. B. Spinnen), Höhen oder sozialen Situationen.
Vermeidungsverhalten, das das Leben stark einschränkt.

18. Formales Denken

Was wird untersucht?
Beim formalen Denken wird der Ablauf der Gedanken untersucht, also wie der Patient seine Gedanken strukturiert und ob diese geordnet sind.

Mögliche Fragen:
„Können Sie Ihre Gedanken klar formulieren?“
„Fällt es Ihnen schwer, bei einem Thema zu bleiben?“
„Sind Ihre Gedanken manchmal verwirrend oder chaotisch?“
„Fällt es Ihnen schwer, logisch zu denken?“
„Haben Sie das Gefühl, dass Ihre Gedanken blockiert sind?“
Normalbefund:
Der Patient denkt klar und strukturiert. Seine Gedanken sind logisch und nachvollziehbar.
Abweichungen:
Der Patient zeigt Zerfahrenheit im Denken, Gedanken sind unstrukturiert.
Gedankenflucht: Der Patient springt von einem Thema zum nächsten, ohne Zusammenhang.
Denkhemmung: Verlangsamte oder blockierte Gedankenprozesse, häufig bei Depression.
Inkohärentes Denken: Der Patient kann keinen logischen Zusammenhang zwischen seinen Gedanken herstellen.
Perseveration: Wiederholen der gleichen Gedanken oder Themen, ohne Fortschritt.

19. Inhaltliches Denken

Was wird untersucht?
Das inhaltliche Denken beschreibt die Inhalte der Gedanken des Patienten. Hier wird überprüft, ob die Gedanken realitätsbezogen sind oder ob Wahnvorstellungen oder Zwangsgedanken vorliegen.

Mögliche Fragen:
„Haben Sie Gedanken, die Sie immer wieder beschäftigen?“
„Gibt es Überzeugungen, von denen Sie fest überzeugt sind, auch wenn andere sie für unwahrscheinlich halten?“
„Haben Sie manchmal das Gefühl, dass andere Ihre Gedanken kontrollieren?“
„Glauben Sie, dass andere Menschen Sie verfolgen oder Ihnen etwas antun wollen?“
„Haben Sie Zwangsgedanken, die Ihnen Angst machen?“
Normalbefund:
Die Gedanken des Patienten sind inhaltlich realitätsbezogen und frei von Zwangsgedanken oder Wahnvorstellungen.
Abweichungen:
Wahnvorstellungen, z. B. Verfolgungswahn oder Größenwahn.
Zwangsgedanken, die sich ständig wiederholen und Angst auslösen.
Überwertige Ideen, bei denen der Patient von einer Idee besessen ist.
Gedanken an übernatürliche Kräfte, die den Patienten kontrollieren.
Inhaltliche Inkohärenz, bei der die Gedanken keinen logischen Bezug zur Realität haben.

20. Wahrnehmungsstörung

Was wird untersucht?
Hier wird überprüft, ob der Patient Störungen in der Wahrnehmung seiner Umwelt hat, z. B. Halluzinationen oder Illusionen.

Mögliche Fragen:
„Hören Sie manchmal Stimmen, die andere Menschen nicht hören?“
„Sehen Sie Dinge, die eigentlich nicht da sind?“
„Haben Sie manchmal das Gefühl, dass die Realität verzerrt ist?“
„Haben Sie Sinneseindrücke, die Sie sich nicht erklären können?“
„Glauben Sie, dass andere Menschen Ihre Gedanken lesen können?“
Normalbefund:
Der Patient hat eine klare und unverzerrte Wahrnehmung der Umwelt. Keine Halluzinationen oder Wahrnehmungsstörungen.
Abweichungen:
Auditive Halluzinationen (Stimmenhören), häufig bei Schizophrenie.
Visuelle Halluzinationen, z. B. das Sehen von Dingen, die nicht existieren.
Taktile Halluzinationen, wie das Gefühl, dass etwas auf der Haut krabbelt.
Illusionen, bei denen reale Objekte verfälscht wahrgenommen werden.
Verändertes Raum- oder Zeitempfinden, z. B. bei dissoziativen Störungen.

21. Ich-Störung

Was wird untersucht?
Ich-Störungen beziehen sich auf die Grenze zwischen der eigenen Person und der Umwelt. Diese wird bei Ich-Störungen als verzerrt oder aufgelöst wahrgenommen.

Mögliche Fragen:
„Fühlen Sie sich manchmal fremd in Ihrem eigenen Körper?“
„Haben Sie das Gefühl, dass Ihre Gedanken von anderen Menschen kontrolliert werden?“
„Fühlen Sie sich manchmal von der Welt losgelöst?“
„Haben Sie das Gefühl, dass Sie Ihre Gedanken nicht kontrollieren können?“
„Haben Sie manchmal das Gefühl, dass Sie selbst nicht real sind?“
Normalbefund:
Der Patient hat ein klares Ich-Erleben und fühlt sich als abgegrenzte Person in seiner Umwelt.
Abweichungen:
Derealisation: Die Umwelt erscheint dem Patienten unwirklich.
Depersonalisation: Der Patient fühlt sich fremd im eigenen Körper.
Gedankeneingebung: Der Patient glaubt, dass seine Gedanken von außen beeinflusst werden.
Gedankenausbreitung: Der Patient glaubt, dass andere Menschen seine Gedanken lesen können.
Ich-Störungen treten häufig bei Schizophrenie oder schweren dissoziativen Störungen auf.

22. Störungen der Affektivität

Was wird untersucht?
Die Affektivität beschreibt die emotionale Reaktionsfähigkeit des Patienten. Es geht um die Stimmung und die emotionale Ausdrucksfähigkeit.

Mögliche Fragen:
„Wie fühlen Sie sich emotional? Sind Sie eher glücklich oder traurig?“
„Haben Sie Schwierigkeiten, Gefühle auszudrücken?“
„Fühlen Sie sich emotional abgestumpft?“
„Wechseln Ihre Stimmungen häufig?“
„Sind Sie manchmal übermäßig fröhlich oder traurig, ohne ersichtlichen Grund?“
Normalbefund:
Der Patient zeigt eine situationsangemessene emotionale Reaktion. Die Affekte sind flexibel und anpassungsfähig.
Abweichungen:
Depressive Verstimmung, anhaltende Traurigkeit oder Hoffnungslosigkeit.
Euphorie oder übermäßige Fröhlichkeit ohne ersichtlichen Grund, z. B. bei Manie.
Affektverflachung, bei der der Patient emotional kaum reagiert, häufig bei Schizophrenie.
Affektlabilität: Schnelle und extreme Stimmungswechsel.
Emotionale Instabilität, oft begleitet von impulsiven Handlungen, z. B. bei Borderline-Störung.

23. Störungen Antrieb/ Psychomotorik

Was wird untersucht?
Hier wird untersucht, ob der Patient Antriebsstörungen oder psychomotorische Auffälligkeiten zeigt, wie Bewegungsunruhe oder Antriebslosigkeit.

Mögliche Fragen:
„Haben Sie genug Energie für Ihren Alltag?“
„Fühlen Sie sich oft antriebslos oder müde?“
„Sind Sie manchmal übermäßig aktiv und können nicht zur Ruhe kommen?“
„Haben Sie Schwierigkeiten, einfache Aufgaben zu erledigen?“
„Fühlen Sie sich innerlich unruhig oder getrieben?“
Normalbefund:
Der Patient zeigt einen normalen Antrieb und psychomotorische Aktivität.
Abweichungen:
Antriebsarmut: Der Patient ist energielos und hat Schwierigkeiten, alltägliche Aufgaben zu bewältigen, häufig bei Depressionen.
Übermäßiger Antrieb: Der Patient ist überaktiv, z. B. bei manischen Episoden.
Psychomotorische Unruhe: Der Patient kann nicht still sitzen, zeigt motorische Hyperaktivität.
Verlangsamte Psychomotorik: Der Patient zeigt verlangsamte Bewegungen und reagiert zögerlich.
Stereotype Bewegungen: Wiederholte, oft sinnlose Bewegungen, z. B. Schaukeln, typisch bei Schizophrenie oder Autismus.

24. Intelligenzstörung (IQ)

Was wird untersucht?
Hier wird die kognitive Leistungsfähigkeit des Patienten untersucht, um festzustellen, ob eine Intelligenzminderung oder geistige Behinderung vorliegt.

Mögliche Fragen:
„Fällt es Ihnen schwer, komplizierte Dinge zu verstehen?“
„Haben Sie Schwierigkeiten, Dinge zu planen oder zu organisieren?“
„Wie war Ihre schulische oder berufliche Leistung?“
„Fühlen Sie sich geistig langsamer oder unkonzentrierter als andere?“
„Hatten Sie jemals Schwierigkeiten, alltägliche Aufgaben zu verstehen?“
Normalbefund:
Der Patient hat eine normale intellektuelle Leistungsfähigkeit und keine Anzeichen einer Intelligenzminderung.
Abweichungen:
Leichte Intelligenzminderung: Der Patient hat Schwierigkeiten, komplexe Sachverhalte zu verstehen.
Mäßige Intelligenzminderung: Der Patient zeigt deutliche kognitive Einschränkungen und benötigt Unterstützung bei Alltagsaufgaben.
Schwere Intelligenzminderung: Der Patient ist stark eingeschränkt und benötigt ständige Betreuung.
Beeinträchtigung der Problemlösefähigkeit oder des abstrakten Denkens.
Intelligenzminderung kann durch genetische Faktoren, Hirnschädigungen oder Entwicklungsstörungen verursacht sein.

Der psychopathologische Befund umfasst viele Aspekte des psychischen Zustands eines Patienten, die systematisch untersucht werden müssen, um eine fundierte Diagnose stellen zu können. Jeder Bereich des Befunds liefert wichtige Hinweise auf psychische Erkrankungen und deren Schweregrad. Eine gründliche und strukturierte Erhebung aller relevanten Daten hilft, den Patienten besser zu verstehen und eine passende Therapie zu planen.

Dieser Artikel ersetzt keine Rechtsberatung und auch keinen Gang zu einem Spezialisten, wie Steuerberater oder Anwalt.